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Edward T. Hall – Interkulturelle Kommunikation

Interkulturelle Kommunikation als anthropologische Wissenschaft: Kulturmodell von Edward T. Hall

Edward Twitchell Hall (* 16. Mai 1914; † 20. Juli 2009) war ein US-amerikanischer Anthropologe und Ethnologe, dessen Forschungsbereich die interkulturelle Kommunikation war. In diesem Bereich hat E.T. Hall diverse Publikationen veröffentlicht, die sich auf zentrale Aspekte von Kultur und Kommunikation beziehen. Zentrale Begrifflichkeiten sind u.a. Proxemics/Raumverständnis, high bzw. low context, monochrones bzw. polychrones Zeitverständnis und Informationsgeschwindigkeit.

“Kultur als Kommunikation”

Hall analysiert sechs Kategorien für kulturelle Orientierung die für menschliche Kommunikation wichtig sind, wobei die ersten drei im Fokus stehen. Die einzelnen Kategorien sind dabei miteinander verbunden und bilden bestimmte Muster.

Der Anthropologe Hall ordnet dabei kulturelle Orientierungen bestimmten Ländern zu. Diese Typisierung in Nationalcharakter vermittelt vor allem im Geschäftsleben Sicherheit, da man so neue Geschäftspartner gut einordnen kann. Allerdings ist dies gleichzeitig ein Nachteil in Halls Theorie, da er diese Typisierung nicht anhand von empirischen Daten, sondern Anekdoten vornimmt. Die sechs Kategorien werden im Folgenden beschrieben.

Kontext

In dieser Kategorie unterscheidet Hall zwischen “high context” und “low context” Kommunikation. Erstere beschreibt eine Nachricht, die nicht nur durch das Gesagte vermittelt wird, das heißt durch die wirklich überbrachte Nachricht, sondern auch durch Mimik, Gestik und andere Faktoren. Für eine erfolgreiche Verständigung braucht man Hintergrundinformationen. Bei “low context” Kommunikation verbirgt sich hingegen die Information direkt in der kodierten Nachricht. Somit verständigen sich zum Beispiel Zwillinge, welche zusammen aufgewachsen sind, auf eine andere Weise (im “high context”), als zwei Richter während eines Prozesses (im “low context”).

Raum

Jeder hat seine eigenen räumlichen Grenzen. Angefangen bei der direkten physischen Grenze (der Haut), über die räumliche nahe Privatsphäre bis hin zu einem weiter gefassten Territorium um die Person herum. Die eigene kulturelle Herkunft kann dieses Raumgefühl, die Abgrenzung zur Öffentlichkeit sowie die Umsetzung der Verteidigung der räumlichen Grenzen bestimmen.

Zeit

Hierbei wird zwischen monochronischer und polychronischer Zeit unterschieden. Monochrone Kulturen kennzeichnen sich durch lineare Zeitabläufe und aufeinanderfolgende Geschehnisse. Arbeit und Zeitvorgaben werden ernstgenommen und die Privatsphäre sehr geschätzt. Es werden nur kurzlebige Beziehungen zwischen Menschen geknüpft. Da man somit nicht unbedingt ausreichend Informationen über den Kontext oder die andere Person hat, sind diese Kulturen „low context “ orientiert. In polychronen Kulturen hingegen können mehrere Dinge gleichzeitig geschehen. Vertreter dieser Kulturen sind zeitlich flexibel, aber auch leicht ablenkbar. Sie fokussieren sich mehr auf menschliche Beziehungen als auf die Arbeit und diese Beziehungen halten dann oft lebenslang. Durch die engen Verbindungen und polychronen Zeitabläufe ist mehr Wissen über den Kontext vorhanden, deshalb ist die Kommunikation eher im „high context“. Ein weiterer Aspekt, der kulturelle Unterschiede hervorrufen kann, ist die Gewichtung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sein. Außerdem spiegelt sich die kommunikative Bedeutung von Zeit in mehreren Aspekten wieder: die Schnelligkeit von Kommunikation, langfristige oder kurzfristige Planung von Terminen und die Einhaltung derer.

Informationsfluss (“information flow”)

Informationsfluss beschreibt wie schnell (oder langsam) eine Nachricht zum Empfänger und dieser darauf mit einer Aktion oder Antwort braucht. Auch hier kann eine Verbindung zu anderen analysierten Kategorien aufgebaut werden, da „high context“ Kommunikation einen langsamen Informationsfluss hat und „low context“ einen eher schnelleren.

Handlungsketten (“action chains”)

Handlungsketten sind aufeinanderfolgende Geschehnisse, die mit mithilfe von einer oder mehreren Personen zu einem Ziel beitragen. Dabei können diese unterbrochen werden, langsamer oder schneller geschehen und mehr oder weniger Improvisationsbedarf beinhalten.

Schnittstellen-Bildung (“interfacing”)

Da sich Geschäftspraktiken verschiedener Kulturen sehr unterscheiden können, müssen bestimmte Schnittstellen und Kontakte gefunden werden, welche einen geeigneten Informationsfluss herstellen. Je weitere auseinander die Kulturen gehen, desto schwieriger wird es solche Schnittstellen zu finden oder zu schaffen.

Wichtigste Bücher von Edward T. Hall:

  • “The Silent Language” von Edward T. Hall im B&T Verlag (1990)
  • “Beyond Culture” von Edward T. Hall im Anchor Books Verlag (1990)
  • “Understanding Cultural Differences: Germans, French and Americans” von Edward T. Hall und Miltred R. Hall im B&T Verlag (1990)
  • “The Hidden Dimension” von Edward T. Hall im Bantam Doubleday Dell Publishing Verlag (1990)

Weitere Informationen (englisch) über E.T. Hall unter Hall’s cultural factors.
 

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