Zustandekommen von Konflikten: Theorie des realistischen Gruppenkonflikts
Die Theorie des realistischen Gruppenkonflikts (engl. realistic group conflict theory) versucht das Zustandekommen von Konflikten zwischen zwei oder mehreren Gruppen zu erklären. Allgemeinhin wird der Konflikt definiert durch den Wettbewerb um knappe Ressourcen. Zwischen den Gruppen entsteht so eine negative Interdependenz. Konkret bedeutet das, dass die Ziele der Gruppen nicht vereinbar sind, da die Erreichung der Ziele der einen Gruppe zwangsläufig das Nichterreichen der Ziele der anderen Gruppe bedeutet. Ein Beispiel für negative Interdependenz wäre ein klassischer Sportwettbewerb, bei dem der Sieg einer Mannschaft nur durch die Niederlage der anderen Mannschaft zustande kommen kann. Diese Unvereinbarkeit der Ziele führt zu verstärkter Wettbewerbsorientierung zwischen den beteiligten Gruppen und erhöhter Bindung unter den Mitgliedern einer jeweiligen Gruppe.
Vertreter und Forschung
Einer der bekanntesten Vertreter der Theorie ist Muzafer Sherif. Für ihn liegt in der Zielinkompatibilität die Haupterklärung für gegenseitige Abwertung, Eigengruppenfavorisierung und feindseliges Verhalten zwischen sozialen Gruppen. Diese Annahmen wurden von Sherif in Feldexperimenten, den sogenannten Ferienlageruntersuchungen, empirisch bestätigt. Hier zeigte sich auch, dass Spannungen zwischen Gruppen durch sogenannte positive Interdependenz (nach Einführen eines übereinstimmenden übergeordneten Ziels) abgebaut werden können.
Literatur
- Sherif, Muzafer (1966): Group conflict and co-operation: Their social psychology, London: Routledge & Kegan Paul
- Sherif, Muzafer & Sherif, C. W. (1953): Groups in harmony and tension: An integration of studies on intergroup relations, New York: Octagon
- Kauff, Matthias/Issmer, Christian (2019). Theorie des realistischen Gruppenkonflikts, in Wirtz, M. A. (Hrsg.): Dorsch – Lexikon der Psychologie, URL: https://portal.hogrefe.com/dorsch/theorie-des-realistischen-gruppenkonflikts/, Zugriff am 23.04.2019
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